Bioplastik – (k)eine Lösung?

Bioplastik - Lösung oder Problematisch?

Biologisch abbaubares oder recycelbares Bioplastik aus nachwachsenden, erdölfreien Rohstoffen, zum Teil aus Abfallprodukten wie Lignin. Hört sich erstmal gut an. Aber ist Bioplastik die ultimative Lösung oder irreführendes Teil des Problems?

Was ist Bioplastik eigentlich?

Bioplastik ist keine einheitliche Bezeichnung, sondern der Sammelbegriff für viele Unterschiedliche Stoffe, die in 3 große Gruppen eingeteilt werden können:

  1.  biologisch abbaubare erdölbasierte Biopolymere
  2.  biologisch abbaubare biobasierte Biopolymere
  3.  nicht biologisch abbaubare biobasierte Biopolymere

Außerdem gibt es häufig auch Mischungen von konventionellem Plastik mit Bioplastik.

Erdölbasierter Biokunststoff
  • fossile Rohstoffe zur Herstellung
  • z.B. Polyvinylalkohole, Co-polyester, Polycaprolactone (biologisch abbaubar)
  • konventionelles Plastik (nicht biologisch abbaubar)
Biobasierter Biokunststoff
  • keine fossilen Rohstoffe, sondern nachwachsende Ressourcen zur Herstellung z.B. Mais, Weizen, Kartoffeln, Zuckerrohr oder Holz
  • stärke-, PLA- oder zellulosebasierte Biokunststoffe, z.B. vulkanisierter Kautschuk, Casein-Kunststoffe, hochsubstituierte Celluloseacetate (nicht biologisch abbaubar)

Wenn ich im Folgenden von Bioplastik spreche, meine ich biologisch abbaubare, biobasierte Kunststoffe.

Die Problematik

Die „Kompostierbarkeit“ mit denen jede Menge Bioplastikprodukte beworben werden ist bis jetzt leider nur Theorie. Klar, sie entsprechen der EU-Norm. Die ist aber auf eine Zersetzung bei 60°C ausgelegt und verlangt, dass innerhalb von 16 Wochen alles zu 90% verrottet sein muss. Also nix da Komposthaufen, denn auf dem wird so eine hohe Temperatur nicht erreicht. Industrielle Kompostieranlage ist aber auch nicht, weil dort nur ca. 8 Wochen lang kompostiert wird – viel zu kurz für eine Tüte aus Bioplastik, die mindestens 12 Wochen braucht um zu verrotten. Daher wird also das Bioplastik mühsam aus dem Bioabfall heraus sortiert und der „energetischen Verwertung“ zugeführt, sprich verbrannt.

Bioplastik ist von der Ökobilanz her nicht besser als konventionelles Plastik. Zwar wird bei dessen Verbrennung weniger COfrei als bei der Verbrennung von erdölbasiertem Plastik – nämlich nur so viel wie die Pflanze ursprünglich mal aufnahm – jedoch ist die Herstellung extrem Energieaufwändig und der Rohstoffanbau belastet die Umwelt mindestens genau so stark. Das macht diesen Vorsprung in der Klimabilanz dann wieder zunichte.

Ökobilanz hin oder her, letztendlich geht es doch vor allem darum, dass der Stoff nicht dauerhaft in der Natur verbleibt und dort einen wahnsinnigen Schaden anrichtet, wie es bei Plastik der Fall ist. Bioplastik ist irgendwann weg – auch wenn es Jahre braucht! Und Jahre sind schließlich besser als gar nicht. 

Extrem problematisch finde ich persönlich auch die mangelnde Kennzeichnung von Produkten aus Bioplastik, vor allem von Folien. Bioplastik gehört nicht in den Gelben Sack, da es die Qualität des recycelbaren, herkömmlichen Plastiks mindert. Soweit so gut die Theorie.

In der Praxis weiß der/die Verbraucher*in ganz oft aber gar nicht, dass es sich um eine Bioplastikfolie handelt und nicht eine aus stinknormalem Plastik. Also landet das Teil unwissentlich und ohne bösen Hintergedanken im Plastikmüll. Jetzt wird wahrscheinlich dagegen gehalten, dass man auf dem Bioplastik nicht den Grünen Punkt findet und in den Gelben Sack schließlich nur „Wertstoffe“ mit dem Grünen Punkt gehören. Aber seien wir mal ehrlich, wer sucht schon Ewigkeiten nach diesem winzigen Symbol bevor er eine der vielen vielen Plastikverpackung am Tag wegschmeißt?

Schwierig ist auch der Umstand, dass für viele Sorten von Bioplastik wie z.B. PLA potentielle Lebensmittel als Rohstoffe dienen.

Das tritt natürlich, wie auch beim Biosprit, die Debatte um Nahrungsmittelkonkurrenz los. Mit Recht. „Während anderswo Menschen hungern, verschwenden wir Lebensmittel zur Herstellung von Verpackungen“. Kurze Anmerkung dazu: Dass wir uns die Bäuche mit Fleisch voll schlagen, für dessen Produktion Unmengen an ebenso essbaren Lebensmitteln draufgehen – vor allem auch Soja aus eben solchen Regionen wo die Menschen Hunger leiden, dafür scheint sich niemand so recht zu interessieren. Würden wir den Fleischkonsum einschränken, könnten wir uns locker auch Bioplastik aus Lebensmitteln „leisten“. Aber das ist ein anderes Thema.

Hinzu kommt, dass die Düngemittel und Pestizide die Gewässer und Böden stark belasten. Denn gerade Mais kann eine hohe Nitratkonzentration ab, heißt es wird extrem viel gedüngt. Gleichzeitig macht er den Boden aber sehr durchlässig für Nitrat, wodurch es schneller ins Grundwasser gelangen kann.

Es geht aber auch anders. Einige Hersteller nutzen größtenteils oder ausschließlich Agrarabfälle als Rohstoffe zur Herstellung ihres Bioplastiks. Das kann zum Beispiel Stärke sein, die aus Melasse gefertigt wird, welche in Zuckerfabriken als Abfall anfällt. Häufig, z.B. für den Biokunststoff Arboform wird auch Lignin verwendet, was bei der Papierherstellung anfällt oder aus Sägespänen gewonnen werden kann.

Hat Bioplastik überhaupt Potential?

An sich ist die Idee doch gar nicht so doof: Landwirtschaftlichen Abfälle, die ohnehin anfallen, sinnvoll nutzen und daraus neue, unschädliche Produkte herstellen, die verrotten oder recycelt werden können. Sie muss nur auch anständig umgesetzt werden und daran hapert es noch gewaltig.

Was vor allem fehlt ist eine vernünftige Recyclingmethode. Die Müllsortierungsanlagen wären theoretisch schon dazu in der Lage das Bioplastik von herkömmlichem Kunststoff zu trennen, aber es gibt noch kein Recyclingsystem für die Weiterverarbeitung. Die Entwicklung eines solchen ist für die Wirtschaft aber erst interessant, wenn der Absatz von Biokunststoffen steigt. Der liegt nämlich noch unter einem Prozent. Einzige Möglichkeit zum Recycling ist bis jetzt, die Produkte von kleinen Herstellern an diese zurück zu schicken, die das gebrauchte Bio-Plastik dann eigenständig recyceln. Der Bioplastikhersteller 4e solutions bietet das zum Beispiel an.

Außerdem müsste der Umstieg auf Bioplastik mit der Konvention einhergehen, dass das vermarktete Bioplastik ausschließlich aus Agrarabfällen hergestellt wurde und zu 100% kompostierbar ist.

Wie entsorge ich Bioplastik?

Am besten ist es natürlich, nur von kleinen Unternehmen zu kaufen, die es zum eigenständigen Recyceln wieder zurück nehmen.

Ansonsten gehört Bioplastik in den Restmüll. Außer es trägt ein Recyclingzeichen, dann kommt es in die Wertstofftonne bzw. in den Gelben Sack.

Ändert sich was für mich?

Anlass für diesen Artikel war eine Spülbürste aus Bioplastik und nach dieser Recherche war sie definitiv die letzte ihrer Art in meiner Küche, zumal sie auch nur recycelbar und noch nicht mal kompostierbar ist! In Zukunft gibt es dann eine komplett plastik- und bioplastikfreie kompostierbare Spülbürste aus Holz.

Was ich für mich beschlossen habe:

  • Erste Wahl bleibt Holz, Keramik, Glas oder Metall
  • Falls es nicht ohne Plastik geht, dann lieber Bioplastik
  • Wenn Bioplastik, dann welches das aus Agrarabfällen hergestellt wurde und zu 100% kompostierbar ist, möglichst von einem Anbieter, der es zum Recyceln zurück nimmt

Quellen

Öko-Test: „Öko-Test Richtig gut leben“ Nr. 08, August 2015 S.14-21

Utopia 

Kooperationsnetzwerk Bioplastik

BUND

0 Kommentare

  1. Hallo!

    Ich mache ja gerade eine Ausbildung als Abfallberater und da wurde das auch bestätigt. Auch das Bioplastik wird aus dem Kompost aussortiert, mit der Hand nämlich (!) und verbrannt.

    Es ist also gar keine Lösung, im Gegenteil, viele Menschen gehen durch den Irrglauben leichtsinniger damit um.

    Super Beitrag!!!

    lg
    Maria

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