Nachhaltiges Holz & Tipps für den nachhaltigen Möbelkauf – im Gespräch mit TischlermeisterJakob

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Nachhaltige Holzwirtschaft, Wertschätzung und Erhaltung alten Handwerks und was nachhaltige Möbel eigentlich ausmacht – darüber habe ich mich mit Jakob Thomsen unterhalten. Der Oldenburger Tischlermeister baut in seiner Freizeit Holzmöbel nach alter Handwerkstradition, komplett ohne den Einsatz elektrischer Maschinen. Damit erhält er nicht nur altes Handwerk, sondern stellt auch CO2-neutrale Möbel her. Da in ihm auch ein kleines Öko-Herz schlägt, konnte ich ihn nach ein paar praktischen Tipps für den nachhaltigen Möbelkauf ausfragen.

Was macht nachhaltige Möbel aus? Gibt es überhaupt nachhaltiges Holz? Jakob Thomsen hat mir seine Werkstatt gezeigt und mir genau diese Fragen beantwortet. Jakob ist Tischlermeister und unterrichtet an der Berufsschule in Delmenhorst. In seiner Freizeit stellt er in seiner kleinen Oldenburger Werkstatt in Handarbeit Vollholzmöbel her. Das Besondere daran: er verzichtet komplett auf elektrische Maschinen und bearbeitet das Holz stattdessen unter Anwendung uralter Techniken. Das ist natürlich aufwändiger und dauert viel länger, als mit den entsprechenden Maschinen, dafür sind die Möbel, die er baut CO2-neutral – total spannend, da mal zuzuschauen und nebenbei etwas über Nachhaltigkeit in der Möbelbranche zu lernen!

„Das ist für mich das, was für andere Yoga ist.“

CO2 neutrale Möbel TischlermeisterJakob

In seinem Slow Tischlern findet Jakob Entspannung und schafft es damit der Beschleunigung des Alltages ein wenig zu entfliehen. Vor allem aber geht es ihm darum, das Wissen um alte handwerkliche Techniken der Holzbearbeitung zu erhalten. So viel Wissen um alte Techniken und die Wertschätzung für echtes Handwerk gehen verloren, nicht nur in der Holzverarbeitung, sondern in so vielen anderen Bereichen auch. Um sein Wissen zugänglich zu machen, schreibt er deshalb als TischlermeisterJakob darüber auf seinem Blog und dreht Youtube Videos.

Nachhaltiges Holz

Jakob sagt, selbst ihm als Tischler fällt es sehr schwer an wirklich nachhaltiges Holz zu kommen. Trotz aller Bemühungen weiß er oft trotzdem nicht, wo genau das Holz her kommt, denn das Geschäft mit Holz ist schon immer sehr intransparent gewesen. Gerade im Handel mit Tropenhölzern natürlich; durch viele Zwischenhändler_innen und lange Transportwege aber auch für so ziemlich alle anderen Holzarten.

Es existieren zwar einige Siegel, die mehr Nachhaltigkeit im Holzanbau versprechen, die Glaubhaftigkeit, besonders die des FSC-Siegels, stehen allerdings in der Kritik. Das FSC-Siegel entspricht von seinen Anforderungen ungefähr dem EU-Bio-Siegel – ist also nicht so richtig viel wert. Aufgrund mangelnder Transparenz und kritischer Praktiken in Risikoregionen wie Indonesien hat inzwischen Greenpeace sogar seine Mitgliedschaft in dem Verbund beendet.

• FSC
• Holz von Hier
• PEFC
• natureplus

Eins ist ganz klar: Tropenholz sollten wir vermeiden, um den Regenwald zu schonen. Aber an regionales Holz zu kommen ist gar nicht so einfach. Eine Chance sind da kleine regionale Sägewerke, die es vereinzelt noch gibt. Großes Potential hätte, laut Jakob, auch die Verarbeitung von Privat- oder Stadtholz – hier existiert aber quasi kein Wirtschaftsweg vom geschlagenen Holz zu den Sägewerken. Privat kann man sich aber zum Beispiel an ein mobiles Sägewerk wenden, das den Baum direkt vor Ort sägt.

Ein mobiles Sägewerk im Raum Oldenburg ist zum Beispiel das Sägewerk Neuhatten.

Nachhaltige Möbelfertigung

Nachhaltige Möbel

Die Wertschätzung für Möbelstücke war wahrscheinlich noch nie so niedrig wie jetzt, im Zeitalter von IKEA. Nichts gegen IKEA – die Möbel sind günstig, schick und IKEA macht auch immer mehr in Richtung Nachhaltigkeit. Mit FSC-zertifiziertem nachhaltigen Holz zum Beispiel. Das ist ja schon mal ein guter Weg, überlegt man, wie viele der Möbel im Umlauf sind. Und die Strategie, Pressholz etc. aus Holzabfällen zu verwenden, ist jetzt auch nicht die unnachhaltigste. An der Haltbarkeit ändert das allerdings nichts und die ist bekanntermaßen bei IKEA Möbeln nun nicht allzu hoch. Außerdem ist leider auch oft Plastik mit verbaut (das Funier z.B.) und die verwendeten Leime, Lacke und sonstige chemischen Bestandteile sind sicherlich auch nicht die natürlichsten.

Jakobs Nachhaltigkeits-Tipp: Die Haltbarkeit von IKEA Möbeln erhöhen, indem die Rückwand verschraubt und nicht nur genagelt wird.

Was macht nachhaltige Möbel aus?

Runtergebrochen wären es wahrscheinlich diese Punkte:

  • Langlebigkeit
  • Verwendung nachhaltiger Materialien z.B. natürliche Materialien ohne Plastik (Funier aus Echtholz), Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft, regionale Materialien, upcycling und gebrauchte Materialien
  • Ökologisch nachhaltige Fertigung (Ökostrom, Behandlung mit natürlichen Ölen und Wachsen statt bedenklicher Farben und Lacke)
  • Sozial nachhaltige Fertigung (faire Löhne, Arbeitsbedingungen, Integration von Menschen mit Benachteiligungen)

Für Jakob ist es weniger das Material, als die Verarbeitung, die nachhaltige Möbel ausmachen. Spanplatten und Pressholzplatten sind als Material nicht abzuwerten, sagt er, denn sie bestehen in der Regel aus Resten oder Holzspänen und sind somit eine nachhaltige Resteverwertung. Es ist eher die technische Verarbeitung des Möbelstückes, die als Qualitätsmerkmal herangezogen werden sollte. Die typischen durchhängenden Böden von IKEA Schubläden zum Beispiel, entsprechen nicht der anerkannten Praxis und würden bei einer Prüfung glatt durchfallen – sie sind einfach zu dünn!

Nachhaltige Möbel

Tipps für den nachhaltigen Möbelkauf

Gebrauchte Möbel

Das Nachhaltigste ist es, das zu nutzen was bereits da ist und das ist bei Möbeln nicht anders. Ich liebe es inzwischen auf Schatzsuche nach Secondhandmöbeln zu gehen, sich zu freuen, wenn man mal so richtig Glück hatte und letztendlich Möbel mit Geschichten zu haben!

Nachhaltigkeits-Tipp: Nicht neu kaufen!

Gebrauchte Möbel findet man zum Beispiel hier:

  • Ebay Kleinanzeigen
  • Fairmondo
  • Flohmarkt
  • Haushaltsauflösungen
  • Läden der Caritas
  • Sperrmüll und zu verschenken an der Straße
  • Schwarzes Brett
  • Antiquitätenladen
  • Free your Stuff Gruppen und andere Verschenk- und Verkaufsgruppen bei Facebook

Support your local business!

Zum Beispiel die lokale Tischlerei. Oder die lokalen Sozialen Werkstätten.

Möbel made in Germany

Lokale Tischlereien zu finden, ist gar nicht unbedingt so leicht, deswegen hier noch ein paar Unternehmen, die sozialnachhaltig in Deutschland fertigen und so Menschen mit Behinderungen oder Geflüchteten einen Arbeitsplatz bieten:

  • Weserholz
  • Side by Side
  • Stocubo
  • Werkhaus
  • Rund:Stil

Nachhaltige Einrichtungshäuser

Eine Übersicht nachhaltiger Einrichtungshäuser gibt es vom ÖkoControl Verband.

Upcycling

Upcycling Möbel gibt es zum Beispiel von:

  • Lockengelöt
  • Bauholz Design
  • Reditum

Selber bauen

… ist natürlich auch eine Option.

Möbel aus Pappe

Möbel aus Pappe haben einen geringen Materialverbrauch, sind leicht und platzsparend auseinander zu bauen, was besonders für Umzüge praktisch ist. In gewisser Hinsicht sind sie also schon nachhaltig, obwohl sie sicher nicht so haltbar sind wie Massivholzmöbel.

Hersteller sind zum Beispiel:

  • Room in a Box
  • Stange Design

So richtig anfreunden kann ich mich mit der Idee allerdings nicht, denn für mich sind sie praktisch der Inbegriff der heutigen Mentalität des „fast everything“, der Umtriebigkeit und Bindungsunwilligkeit. Und über Ästhetik lässt sich ja bekanntlich auch streiten.

5 Kommentare

  1. Tolle Tipps, vielen Dank! Ich liebe ja meine etwas umgestalteten Second-Hand-Möbel und die selbstgemachten Lösungen, doch das ein oder andere Schwedenteil gibt’s bei mir auch. 🙂
    Wußtest du, daß man beim Startup Readymade aus Köln (www.readymade-furniture.de) Möbel auch mieten kann? Ist natürlich besonders praktisch, wenn man oft umziehen muss.
    Liebe Grüße
    Janina

  2. danke für diesen artikel. bei all der nachhaltigkeits diskussion der letzten zeit fehlte das möbelthema wahrhaftig ziemlich. super, dass du diese lücke geschlossen hast. der wird morgen auf meinem blog verlinkt.
    liebe grüße,
    jule*

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