Lebensmittelverschwendung und was wir dagegen tun können

Tipps gegen Lebensmittelverschwendung

In Deutschland landen jedes Jahr um die 18 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll.
Das ist etwa ein Drittel des deutschen Verbrauchs an Nahrungsmitteln! (Quelle) Wahnsinn, diese Zahlen oder? Und wie kann das sein, wenn alle beteuern „aber ich schmeiße fast nie was weg!“

Die Schuld liegt gut verteilt auf vielen Schultern. Vom Landwirt über den Supermarkt bis zu uns Verbrauchern.

Es fängt an bei den Erzeugern, die gezwungen sind, Lebensmittel zu vernichten, die in ihrer Form, Farbe oder Größe von der Norm abweichen, weil sie nicht vermarktet werden können. Ungefähr ein Drittel der Ernte wird deshalb meistens noch auf dem Feld untergepflügt oder gar nicht erst geerntet – was für eine Verschwendung! Es gibt eine Menge absurdester Normen, die die Größe und Röte von Tomaten festlegen, die Krümmung einer Gurke oder die Anzahl der Beine einer Möhre (nämlich genau eins). Manche dieser Normen dienen der Erleichterung des Transportes – sind die Gurken gerade, passen mehr in eine Kiste – andere der Zufriedenstellung des Kunden. Auch wenn sich in Umfragen immer wieder rausstellt, dass wir Verbraucher auch krummes Gemüse kaufen würden. Meine Theorie dazu ist allerdings: Wir sind einfach viel zu sehr an die Makellosigkeit des Supermarktgemüses und -obstes gewöhnt und Theorie und Praxis unterscheiden sich hier stark.

Im Supermarkt geht der Wahnsinn weiter: Unmengen an Lebensmitteln werden dort jeden Abend vernichtet: Äpfel mit Druckstellen, zu braune Bananen oder Produkte bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum naht. Auch, weil wir Konsumenten perfekt gefüllte Supermarktregale noch kurz vor Ladenschluss verlangen. Dazu kommt, dass wir Verbraucher oft viel zu viel einkaufen, die Sachen falsch lagern und sie dann wegwerfen müssen, weil sie verderben.

Eine wahnsinnige Menge an Ressourcen wie Wasser, Pestizide, Düngemittel, Anbaufläche, Arbeitskraft und dazu etliche Tonnen CO2 könnten eingespart werden, wenn einfach nicht so viel verschwendet würde. Besonders tragisch dabei: wir belegen mit unserem Wegwerfwahn Ackerflächen in Ländern, in denen Lebensmittelknappheit herrscht. Würde dort durch eine geringere Verschwendung weniger Ackerfläche für den Lebensmittelexport an uns drauf gehen, könnten sich diese Länder besser versorgen.

Was wir dagegen tun können:

Bei uns anfangen

Die Wertschätzung von Lebensmitteln ist uns über die letzten Jahre und Jahrzehnte mehr und mehr abhanden gekommen. Wir haben immer mehr den Kontakt zu den Erzeugern unserer Nahrung verloren: Wir kaufen im Supermarkt, die Sortenvielfalt nimmt immer weiter ab, Lebensmittel müssen immer billiger und billiger werden. Ich bin der Meinung, dass wir uns dem was wir eigentlich zu uns nehmen, wieder viel bewusster werden sollten. Uns klar machen sollten, dass hinter der Produktion Menschen stehen und wieviel harte Arbeit dahinter steckt, die auch gewürdigt werden sollte. Dass diese Menschen auch davon leben können müssen und dass sie uns unsere Lebensgrundlage bieten.
Warum dann nicht mal auf dem Markt einkaufen oder eine Biokiste direkt vom Erzeuger bestellen für einen fairen Preis, statt das Preisdumping und Wegschmeißen im Supermarkt zu unterstützen?

Weniger wegwerfen

Die richtige Lagerung macht einiges aus. Mein ultimativer Tipp für Salat ist zum Beispiel, ihn eingeschlagen in einem nassen Handtuch im Kühlschrank aufzubewahren. So hält er sich ein paar Tage. Zur richtigen Lagerung gehört auch die richtige Kühlschrankordnung. Ganz wichtig auch: Übersicht behalten, über das was man hat. Dabei hilft Zero Waste ungemein, weil sich keine angebrochenen Tüten mehr ganz hinten im Schrank verstecken können, aber trotzdem kann eine Brauch es auf – Challenge ab und zu mal auch nicht schaden, damit es nicht zu Küchenschrankleichen kommt.

Reste essen

Eine Gemüsepfanne schmeckt auch super, wenn die Möhre und die Paprika schon etwas schrumpelig geworden sind. Und es gibt so viele tolle Rezepte für braun gewordene Bananen. Wenn der Apfel schrumpelig geworden ist und die Mango so weich, dass sie unbedingt weg muss – wie wäre es dann mit einem leckeren Smoothie? Solange es nicht schimmelt, kann man so vieles noch verwenden auch wenn es nicht mehr perfekt ist.

Unperfektes kaufen

Wo wir gerade beim Unperfekten sind. Ich greife inzwischen ganz bewusst zum krummen und hässlichen speziellen Obst und Gemüse. Und die kleinen knubbeligen Möhren auf dem Markt, an denen noch Erde klebt, gibt’s an meinem Lieblingsmarktstand sogar etwas günstiger – schälen tu ich sowieso nichts, also stören auch Knubbel und Zweibeinigkeit nicht. (Also Bananen und Orangen Schäle ich natürlich schon). Definitiv muss man sich ans Einkaufen auf dem Markt erstmal gewöhnen und vielleicht sogar etwas überwinden. Aber es lohnt sich – es ist einfach so viel schöner!

Containern

Abends beim Supermarkt noch Essbares heimlich aus der Tonne fischen – das ist Containern. Nicht jedermanns Sache. Aber es gibt ja auch noch Foodsharing.

Foodsharing

Wem Containern zu unangenehm ist, der kann sich bei Foodsharing engagieren. Denn hier läuft es so, dass quasi Verträge zwischen Foodsharing und den Supermärkten abgeschlossen werden, sodass übrig gebliebene Ware ganz legal abgeholt werden darf ohne je eine Mülltonne von innen gesehen zu haben. Die Sachen werden dann unter den Abholern aufgeteilt und in den Foodsharing Fairteilern jedem zugänglich gemacht. Dies sind Regale und Kühlschränke an mehr oder weniger öffentlich zugänglichen Orten (z.B. an Unis), wo nicht gewollte oder vor der Tonne gerettete Lebensmittel gesammelt werden (zur Übersichtskarte hier entlang). Jeder kann dort etwas hinbringen – den Tee, den er nicht mag oder das Bund Möhren, das vor dem Urlaub nicht mehr gegessen wird – und jeder etwas mitnehmen. Nicht enttäuscht sein, wenn ihr kommt und der Fairteiler leer ist – die Sachen sind meistens sehr schnell weg. Einfach ab und zu mal wieder vorbeischauen. Ich hab schon so tolle Sachen dort gefunden: eine riesige Packung Chia Samen, Sesam, Süßkartoffeln, Joghurt, sogar einmal Bio-Katzenfutter.

Schnippeldiskos

Schnippeldisko Oldenburg 2017

Ähnlich wie Foodsharing sind Schnippeldiskos. Hier wird allerdings gleich etwas leckeres gekocht aus den geretteten Sachen. Ursprünglich wurde diese „kulinarische Protestaktion“ mal von Slow Food Youth ins Leben gerufen und inzwischen gibt es sie in vielen Städten rund um die Welt. Am ersten World Disco Soup Day gab es über 100 Schnippeldiskos in 40 Ländern!

Was verbirgt sich genau hinter diesem ominösen Wort, was immer wieder verständnislose Blicke in die Gesichter bringt: Im Vorfeld werden kiloweise Lebensmittel eingesammelt, die sonst weggeworfen werden würden und an einem Tag, zusammen mit allen Besuchern gemeinsam geschnippelt und von einem Koch zu leckeren Gerichten verzaubert – kostenlos natürlich. Ein wahnsinnig schönes Konzept, dass das Gesellige mit Infos über die Lebensmittelverschwendung kombiniert, um so aufmerksam zu machen auf das was schief läuft im Nahrungsmittelsektor.

Stoppeln oder Nachernte

Bei der Nachernte oder dem Stoppeln – damals im Krieg eine gängige Methode für die Lebensmittelbeschaffung – wird direkt auf dem Feld eingesammelt, was nach der Ernte liegen geblieben ist. Bei den meisten Landwirten ist es nicht gern gesehen, von anderen wird es geduldet, manche bieten es an um auf die Verschwendung aufmerksam zu machen – einfach mal umhören.

Mundraub

Auf der Mundraub-Karte können Obst- und Nussbäume, Bärlauchstellen oder Beerensträucher eingetragen werden, die auf öffentlichem Grund stehen und so von jedem ganz legal geerntet werden dürfen. Eine tolle Sache! So habe ich mir schon den einen oder anderen Vorrat an Haselnüssen für den Winter aufgefüllt.

Äpfel im Garten nicht am Baum vergammeln lassen

…sondern essen, statt die Neuseeland Äpfel aus dem Supermarkt zu kaufen. Sind es zu viele, entweder leckeres Apfelmus selber einkochen oder einfach eine Kiste an vors Gartentor stellen – andere freuen sich drüber. Eine andere Möglichkeit ist es auch eine Anzeige bei Ebay Kleinanzeigen, in Sharing Gruppen oder bei Facebook zu schalten und die Äpfel zur Selbsternte zu Verfügung zu stellen.

Filmtipps

Doku zum Thema Lebensmittelverschwendung: 10 Milliarden

Dokuserie auf Arte über David Gross mit seinem Wastemobil

5 Kommentare

  1. Super tolle Zusammenfassung. Die Schnippeldisko kannte ich noch nicht! Ich kaufe inzwischen auch sehr viel “abgelaufenes” Essen oder vom Markt. Bei uns gibt es immer Ein-Euro-Tüten, wo weniger schönes Obst und Gemüse drin ist. Oftmals ist es aber auch Gemüse, was Arbeit macht, zum Beispiel dreckige Drillinge (das klingt jetzt wirklich komisch). Vielleicht gefällt dir ja auch das Projekt hier http://www.the-good-food.de/

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